Yggdrasil ChroniclesYggdrasil Chronicles

Nachdem bisher vorwiegend die griechische und römische Götterwelt als Thema für Spiele genutzt wurden, tritt jetzt vermehrt auch die nordische Saga, die Edda, in den Vordergrund. Bisher haben die meisten nur von Thor durch die Marvel-Filme und -Comics eine Vorstellung. Freya kennt man, da ihr Name einen Wochentag benennt, Odin ist der Göttervater.

Ich selbst habe mich schon als Jugendliche für die Nordische Mythologie interessiert. So sind mir viele der fremden Namen ein Begriff. Die Edda habe ich mir gekauft, aber noch nicht ganz gelesen.

Der Spielaufbau ist imposant. Das Zusammensetzen des Weltenbaumes Yggdrasil ist beim ersten Mal schon eine Großaktion. Glücklicherweise hält das Material einige Fehlversuche aus.
Ist der Yggdrasil, auf dem sich die neun Welten gleichmäßig auf die drei Ebenen verteilen, aufgebaut, hat man eine zum Spiel auffordernde Konstruktion vor sich. Während die untere und obere Ebene feststehen, kann die mittlere gedreht werden.

Alle Grafiken, wie hier die Handkarten Heimdalls, des Wächters der Regenbogenbrücke, zeigen, sind eindrucksvoll und detailreich gezeichnet.

Doch jetzt zum Spielablauf:
Yggdrasil der alle neun Welten trägt, ist in Gefahr. Die Schlacht zwischen Gut und Böse hat begonnen. Der YggdrasilWir, die Guten, müssen verhindern, dass der Weltenbaum zerstört wird.
Auf der unteren Ebene starten die Feinde Surd und Hel in ihren Welten. In der dritten Welt leben die Jötunen, die die Bösen, vor allem Loki, unterstützen.
In der mittleren Ebene befindet sich Midgard, wo die Midgardschlange Iormungand, ein weiterer Feind, lebt. Außerdem können Helden von hier nach Asgard gelangen. In Nidvellir, der Welt der Zwerge, können wir Artefakte, die dauerhafte Hilfen geben, erhalten. Svaartalsheim ist die dritte Welt der mittleren Ebene, dort leben die Kreaturen der Nacht, die uns einmalig unterstützen.
Auf der obersten Ebene sind Vanaheim und Alfheim zu finden. Hier gibt es Alben und Wanenwürfel, die uns helfen können, Gefahren zu überstehen. Die letzte Welt auf dieser Ebene ist Asgard, die Welt der Götter, unser Zuhause. Außerdem befindet sich hier der Kerker, in dem Fenrir, der Fenriswolf, gefangen ist.

Beim Lesen des Textes geht es euch vermutlich so wie mir. Die vielen Begriffe verwirren. Doch es kommt noch heftiger. Jede der Welten ist mit einer Rune gekennzeichnet. Diese Runen sind wenig intuitiv, sie müssen wie Vokabeln gelernt werden, denn sie tauchen „überall“ auf. Übersichten gibt es nur in der Regel. Diese benötigt man nicht nur für die Welten, sondern für das gesamte Material. So besteht das erste Spiel gefühlt zu 50% aus Blättern in der Regel.

Das Rad der FeindeDer grundlegende Spielablauf ist recht einfach erklärt. Jeder hat einen identischen Stapel, der von Heimdall ist oben zusehen, aus Feinden und dem Niedhög.
Alle legen gleichzeitig die oberste Karte verdeckt aus, und gemeinsam wird entschieden in welcher Reihenfolge diese aufgedeckt und an das Rad der Feinde angelegt werden.
Hier ist für jeden Feind genau ein Platz frei. Wird die zweite Karte eines Feindes aufgedeckt, wird der Betreffende aktiv.
Die Feinde bewegen sich, oder wechseln ihre Welt, drehen die mittlere Ebene und lösen einen Effekt aus.
Treffen in einer Welt zwei Feinde aufeinander, wird diese verwüstet. Verwüstete Welten können von uns Helden nicht mehr zur Unterstützung genutzt werden. Ihre Heilung ist aufwendig.
Der Nidhög hingegen misst nur die Zeit und zeigt das Spielende an.

Hier ein Ausschnitt aus dem Buch der Sagas, in dem immer wieder Inhalte der Edda zitiert werden. Es dient aus Laufleiste für den Niedhögg und enthält die Regeländerungen für die Kampagne.

Wird ein Feind durch meine Karte aktiv, bringt mir das Nachteile. Hel und Fenrir kosten mich Lebenspunkte. Die anderen stärken die Gegner. Nach der Aktivierung gehen die beiden beteiligten Karten zurück unter die Stapel von denjenigen, die sie ausgespielt haben.
So hat man die Chance, sich zu merken, was nacheinander kommt. Leider muss derjenige, der Fenrir auslöst, zusätzlich zum Lebenspunktverlust seinen Kartenstapel mischen.

CharacterkarteUnsere Aufgabe ist es, die Feinde zurückzuhalten, bis der Niedhög sein Ziel erreicht hat. Hierzu müssen wir kämpfen und das Land heilen, was uns Lebenspunkte kosten kann.
Es gibt viele Arten, das Spiel zu verlieren. Kann ein Verstärkungseffekt nicht mehr ausgelöst werden, da der Feind maximale Stärke erreicht hat oder haben Hel, Surt oder Iormungard sich dreimal bzw. viermal bewegt, ohne besiegt worden zu sein, ist es vorbei. Auch der Tod eines Spielers führt zur Niederlage.
Wir haben daher nur eine Aufgabe: Durchhalten, bis der Niedhög sein Ziel erreicht hat. Wirklich etwas tun, das uns dem Sieg näherbringt, ist nicht möglich. Wir versuchen nur den Schaden zu minimieren. Das ist uns als erfahrenen kooperativen Spielern viel zu wenig. Es fühlt sich einfach zu passiv an.

Midgard ist zerstörtDas optisch wunderschöne Material kann spieltechnisch nicht überzeugen. Die Icons auf den Kreaturen und Artefakten sind schwer zu deuten. Man muss sie einfach auswendig lernen oder ständig in der Regel blättern.
Ein schlichteres, nicht so runenartiges Erscheinungsbild der Icons und Beschriftungen hätte vielleicht etwas von der Atmosphäre genommen, das Spielen jedoch deutlich gefördert.
Im Solo oder Zweierspiel gibt es Sonderregeln. Unterstützungsgötter kommen hinzu, deren Karten in die Feindestapel gemischt werden. So ist der Stapel noch dicker, und es fällt noch schwerer, sich die Karten zu merken, was sich schon im einfachen Spiel als sehr wichtig erwies. Dass die Karten der Unterstützungsgötter zu dem anderen Spieler die Spieler wechseln können, macht das das Merken noch schwieriger. Als Solospieler muss ich eh immer mischen, wenn ich Fenrir aktiviere. Da brauche ich mich nicht einmal versuchen, mir die Karten zu merken.

Surd mit FeuerriesenUm das Spiel zu verstehen und halbwegs geordnet in die Kampagne zu kommen, sollte man das einfache und das schwierige Spiel gespielt haben, um die vielen Kleinigkeiten zu beherrschen, denn bei der Kampagne kommen noch mehr Regeln hinzu. Hier heißt es nicht nur Durchhalten, man muss bestimmte Aufgaben erledigen, bevor der Niedhögg ein bestimmtes Feld erreicht. Ist dies nicht geschehen, hat man verloren.

Schade, ich habe mich auf das Spiel gefreut, doch wurde schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Schon nach dem ersten Spiel sagten die Mitspieler, dass sie das nicht noch mal spielen müssen. Dies passierte auch, als ich bei der nächsten Runde mit neuen Mitspielern die meisten Dinge der Regel (nicht Artefakte oder Kreaturen) ohne nachschlagen erklären konnte.

Das schwere Spiel, das ich dann mit sehr erfahrenen Vielspielern startete, dauerte fast vier Stunden, wir schafften gerade noch mit viel Glück den Spielsieg, doch es blieb ein schlechtes Gefühl.
Für die Kampagne werde ich keine Mitspieler mehr finden. Das Solospiele ist nicht mein Ding, denn es bringt noch mehr Sonderregeln.
Schade, das war es dann wohl mit der Rettung des Weltenbaumes für mich. (bd)

Steckbrief
Yggdrasil Chronicles
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Cedric Lefebvre Ludonaute 1 - 5 Spieler ab 12 Jahre ca. 90 Minuten Maëva da Silva , Christine Deschamps