Pandemien sind uns Spielern auf zwei völlig unterschiedliche Weisen bekannt: als Spiel zur Unterhaltung und durch Corona zu unserem Leidwesen. Pandemie Legacy 0 verbindet für mich beide Aspekte, weil es ein Spiel ist, das ich während der Corona-Zeit gespielt habe.
Ausgangsbasis waren bei meiner Frau und mir deutlich über 100 Partien Pandemie mit vielen Erweiterungen und eigenständigen Spielen sowie ein Pandemie begeistertes Ehepaar – die Begeisterung bezieht sich nur auf das Spiel.
So beschlossen wir, Legacy 0 gemeinsam zu spielen. Wir starteten mit dem Prolog und dann im Januar, real als auch im Spiel. Der Prolog führt die Regeln ein, die uns vertraut waren und dennoch anders.
Das Spiel führt uns zurück in das Jahr 1962. Die Welt ist dreigeteilt. Wir sind Anfänger beim CIA und gehören damit zu den Alliierten. Unsere Gegenspieler sind die Sowjets. Sie entwickeln eine Krankheit, um sie als Pandemie auf die Welt loszulassen. Der größte Teil dieser Welt ist neutral.
Unsere Aufgabe ist es zunächst, Informationen über die Seuche beschaffen. Eine Identität, später auch die alliierte Identität genannt, gibt uns ein Gefühl dafür, wer wir sind und was wir können. Der CIA hält uns noch für zu grün hinter den Ohren als das wir den Standard von drei Aufträgen im Monat erfüllen können und gibt es folgerichtig nur zwei.
Von unserer Zentrale in Washington fliegen wir mit Tickets in die Welt. Eine Reise in kommunistische Städte ist nicht möglich. Tickets in alliierte Städte sind dauerhaft gültig. Befinden sich an dem Ort, an dem wir uns befinden, sowjetische Spione, können wir sie ausschalten. Begrenzt werden wir in unseren Handlungen, weil wir nur vier ausführen dürfen, dann ist die Gegenseite an der Reihe. Wenn wir unsere Aktionen durchgeführt haben, bekommen wir meist zwei Tickets. Mit fünf Tickets einer Gesinnung (alliiert, neutral, kommunistisch) können wir ein Einsatzfahrzeug in Betrieb nehmen. Das sind hilfreiche Trupps, die wir für die Erledigung unsere Aufgaben benötigen.
Die Gegenseite reagiert automatisch. Es kommen je nach Fortschritt des Spiels zwei bis vier Spione auf den Plan. Wäre es der vierte in einer Stadt, gibt es einen Vorfall. Diese sind nie gut für uns, weil unter anderem neue sowjetische Spione erscheinen oder einer unserer Unterschlüpfe kompromittiert wurde. Damit sich nun die sowjetischen Spione auch in den Städten sammeln, gibt es zwischen unseren Tickets fünf Eskalationen. Diese sorgen dafür, dass die Karten, die bestimmen, wo die sowjetischen Spione erscheinen, erneut verwendet werden.
Eine Partie endet, wenn wir alle Aufträge erfüllt haben. Dann waren wir erfolgreich. Das Spiel endet auch, wenn uns "etwas" fehlt, also zum Beispiel einen Spion auf den Spielplan stellen sollen, aber keiner mehr im Vorrat ist. Spätestens wenn wir unsere Tickets nehmen und keine mehr erhältlich sind, endet das Spiel. Unser Ergebnis kann trotzdem noch teilweise erfolgreich lauten oder eben erfolglos.
Wie immer unser Ergebnis lautet, schreitet die Zeit voran. Waren wir erfolglos, bekommen wir eine zweite Chance. Das Spiel wird über Monate gespielt und wir dürfen in der zweiten Hälfte des Monats noch einmal ran. Waren wir mindestens teilweise erfolgreich, geht es in den nächsten Monat, mit neuen Aufgaben und einer leicht veränderten Situation.
Nun liegen sie hinter uns, die zwölf Monate des Jahres 1962. Die Kampagne dauerte über ein halbes Jahr. Es wäre schneller gegangen. Doch nicht nur wir übten uns in der Pandemiebekämpfung. Die Bundesregierung hatte uns nicht engagiert, sondern erließ Kontaktbeschränkungen. Sie stoppten unsere Bemühungen, Medusa aufzuhalten.
Es hat unserer Begeisterung keinen Abbruch getan. Einzig dauerte es nach der Wiederaufnahme einen kleinen Moment, bis wir wieder im Jahr 1962 angekommen waren. Man stelle sich ein dickes Buch vor, dass man ungefähr in der Mitte zur Seite legt und nach knapp drei Monaten weiterliest.
Ein Buch ist hier gar nicht so weit weg, denn das Spiel erzählt eine Geschichte, einen Thriller aus dem Agentenmilieu. Was ich oben beschrieben habe, wäre bei einem Buch aus dem Prolog und dem ersten Kapitel entnommen. Ich möchte, wie bei einem Buch, nicht mehr verraten, weil es die Spannung nehmen würde. Da jeder die Geschichte seines "Buches" gestaltet, kann ich ein klitzekleines Bisschen über das Ende erzählen, denn obwohl es keine Love Story in dem Spiel gibt, kann das Ende so beschrieben werden.
Im letzten Spielzug der gesamten Kampagne waren meine Frau und ich, jeder natürlich in seiner Agentenrolle als Ludmilla Patina und Joe Smith, gemeinsam in Rom. Wir erkrankten an Medusa und ein sowjetischer Spion tauchte auf, um zu sehen, was wir so in Rom trieben. Wir erhielten die Nachricht, dass unsere Kollegen den letzten, den allerletzten Auftrag in San Franzisko erfolgreich abgeschlossen haben. Im Film wären wir sicher gemeinsam Essen gegangen und hätten groß weitergefeiert.
Die größte Stärke des Spiels ist seine Geschichte. Die Mechanismen sind fein ausgeklügelt. Es kommt immer wieder etwas Neues. Legacy eben. Aber erst die Geschichte bringt sie zum Leben. Es sind keine Spielfiguren, es sind Spione. Die Aufträge sind keine Aufgaben, sondern werden uns von unserem Vorgesetzten gegeben. Schließlich sind wir im Einsatz, ohne Rückhalt aus dem Washingtoner Zentrum, und müssen unsere Entscheidungen treffen.
Dabei haben wir unterschiedliche Fähigkeiten, sind für bestimmte Aufgaben besser geeignet, müssen uns koordinieren, abstimmen und sind dann hoffentlich erfolgreich. Wir spielen eine Rolle wie in einem Theaterstück.
Diese Rolle will erlernt sein. Wir vier waren alle vorab mit Pandemie vertraut Der Einstieg fiel uns leicht; vieles war bekannt und doch anders und damit reizvoll. Wer Pandemie liebt, ein tiefergehendes Erlebnis wünscht und Mitspieler mit ebensolcher Haltung hat, wird mit diesem Legacy viel Freude und viele, sehr viele Stunden Spielspaß haben. (wd)
Steckbrief Pandemic Legacy - Season 0 |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Matt Leacock, Rob Daviau | Z-Man Games | 2 - 4 Spieler | ab 14 Jahre | ca. 60 Minuten | Atha Kanaani, Monica Helland |