Schauen wir zurück in das Jahr 2017: Great Western Trail (GWT) war ein erfolgreiches Strategiespiel, das beim Pfefferkuchel und beim Deutschen Spielepreis den zweiten Platz belegte und von der Jury „Spiel des Jahres“ empfohlen wurde. Zu einem Titel reichte es nur deshalb nicht, weil im selben Jahr Terraforming Mars erschien und bei den drei Preisen vor GWT lag.
Nun erschien GWT in einer zweiten Auflage. Der Ablauf ist geblieben, doch gibt es viele Feinjustierungen. Der detaillierte Ablauf findet sich in der Rezension der ersten Ausgabe. Hier eine kurze Zusammenfassung: Wir ziehen auf einem Track von Texas nach Kansas City. Unterwegs stoppen wir an Gebäuden. Wir können dort unter anderem Arbeiter einstellen: Cowboy unterstützen die Anschaffung neuer Rinder, Zimmermänner verbilligen den Hausbau und Ingenieure treiben den Eisenbahnbau voran.
Als Gebäude stehen jedem Spieler dieselben zwölf Gebäude zur Verfügung. Während sie mir gute Dienste erweisen, sind sie für meine Mitspieler Hindernisse, manchmal sogar kostenpflichtig. In Kansas City angekommen, wird die Vielfalt der Rinderherde mit Dollars belohnt. Je größer der Ertrag, desto weiter Richtung Ostküste kann ich die Rinder liefern. Die östlichen Städte geben größere Belohnungen, allerdings kostet der Transport der Rinder dorthin mehr, wenn die eigene Eisenbahnstrecke noch nicht weit genug ausgebaut ist. Gleichzeitig kommen neue Arbeiter ins Angebot, über die auch das Spielende eingeleitet wird. Bis es so weit ist, geht mein Cowboy zurück nach Texas und begibt sich erneut auf den Track nach Kansas City.
Great Western Trail war ein großes Spiel. Ich bin froh über die zweite Ausgabe, weil ich es sonst vermutlich nicht kennen gelernt hätte. In meinen Runden hatte das Spiel einen schweren Stand. Den Fakt dafür hat Alexander Pfister selbst geschaffen: Maracaibo. Beide Spiele weisen klar die Handschrift des Autors auf, und in beiden begibt sich der Spieler mehrfach auf den selben Kurs, den er sich teilweise selbst gestaltet. Maracaibo war und ist ein beliebtes Spiel bei uns, unter anderem hat es uns mit seiner Kampagne während des ersten Lockdowns unterhalten. Dagegen trat nun GWT an.
Für die zweite Auflage wurden einige Feinjustierungen vorgenommen. Die spieltechnisch bedeutsamste ist die Anpassung der Geldauszahlung in Kansas City. Früher, so wurde mir berichtet, war sie beim ersten Erreichen von Kansas City Pflicht. Nun wurde der Geldbetrag gesenkt und ein Punktabzug hinzugefügt. Damit sinkt die Attraktivität enorm, bleibt aber immer noch eine reizvolle Option. Auch die politische Korrektheit wurde bedient: Statt Indianer behindern nun Banditen, aufgeteilt in eine grüne und eine orange Gang, die Tracks.
Was blieb, ich das Gefühl, dass zwei bestimmte Strategien sehr stark, wenn nicht gar zu stark sind. Cowboys, die für eine gute Rinderherde sorgen, sind eine einfach zu spielende Strategie. Noch mehr bewährt hat sich bei uns eine andere Strategie: Mit Zertifikaten können die Auszahlungen in Kansas City erhöht werden. Wer schnell an Zertifikate kommt, kann leicht wertvolle Rinderlieferungen zusammenstellen. Einmal aufgebaut, wird dann der Track möglichst schnell zurückgelegt, um wieder schnell und wertvoll zu liefern.
Das Ergebnis bei uns ist deutlich: Wir bevorzugen weiterhin Maracaibo und haben damit „unseren“ Pfister gefunden. Bei dem früheren Erfolg von GWT mag ich es nicht schlecht bewerten, kann es aber auch nicht gut. Ein Rezensent sollte normalerweise ein Urteil abgeben kann; schließlich ist das seine Aufgabe. Hier ist der seltene Fall bei mir, dass ich es nicht tue. (wd)
Steckbrief Great Western Trail - Zweite Edition |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Alexander Pfister | eggertspiele | 1 - 4 Spieler | ab 12 Jahre | 75 - 150 Minuten | Chris Quilliams |