Der erste Eindruck von Marrakesh ist gigantisch. Die Schachtel ist riesig und erinnert an Big Boxen. Die Größe ist notwendig, denn die Schachtel ist prall gefüllt, auch nachdem alle Teile ausgestanzt sind. Doch wie spielt es sich mit all dem Material?
Die Stadt ist in neun Bezirke unterteilt, die verschiedene Aspekt des Stadtlebens widerspiegeln. Diese Bezirke werden von Keshis bewohnt, den Einwohnern von Marrakesh, die nach der letzten Silbe der Stadt benannt sind. Allein Bezirken ist gemeinsam, dass sie umso erfolgreicher sind, je mehr Keshis dort ansässig sind.
Die meisten Keshis sind für genau einen Bezirk zuständig. Um die Zuständigkeit sichtbar zu machen, sind die Bezirke in diversen Farben und die der Keshis korrespondieren dazu. Dabei gibt es zwei Ausnahmen. Für den Souk (Markt) gibt es drei Farben, die den dort gehandelten Waren entsprechen. Die Wasserträger (rote Keshis) können überall mit Ausnahme des Souk aktiv werden, sind somit ein Joker.
Mit den zwölf farblich unterschiedlichen Keshis spielen wir jeweils einen von drei Durchgängen. Sie unterteilen sich in vier Runden. In jeder wählen wir zu Beginn drei Keshis auf, die bestimmen, in welchen Bezirken wir aktiv werden. DIe Keshis werden dann über einen Würfelturm gefiltert. Anschließend wählen die Spieler, welche Keshis sie für ihr Tableau haben wollen. Danach führen die Spieler ihre drei gewählten Aktionen aus.
Ein einfaches Beispiel ist der Palast: Für jeden Keshi steige ich die Treppe weiter hinauf. Überquere ich eine Schwelle, bekomme ich ein Goldstück und eine stufenabhängige Belohnung. Wenn ich möchte, kann ich auf die Aktion verzichten und stattdessen einen weiteren Keshi in den Bezirk stellen. Dann habe ich jetzt keinen Vorteil, dafür wird die Aktion später stärker. Vor allem im ersten Durchgang ist diese Option eine gute Alternative.
Die diversen Bereiche interagieren miteinander. Dann ist es ratsam, beide zu entwickeln. Zum Beispiel benötige ich für den Kauf von Schriftrollen (Gelehrte = graue Keshi) Datteln, die ich über die Dattelplantage und Dattelpflücker (grüne Keshis) erhalte.
Am Ende eines Durchgangs, also nach vier Runden, erhält der beste Fischer (blaue Keshis) einen Vorteil. Außerdem müssen Abgaben geleistet werden, sonst gibt es Minuspunkte.
Nach drei Durchgängen kommt es zur Schlusswertung. Volle Gebiete und restliches Material geben fest vorgegebenen Punkte. Jede Oase belohnt eine andere Situation im Spiel. Daher sind ihre Punkte flexibel in der Höhe.
Marrakesh ist ein abendfüllendes Spiel, bei dem die Spieler ständig involviert sind. Für das erste Spiel sollte man sich viel Zeit nehmen und auch nicht in voller Runde spielen. Durch die Vielfalt der Gebiete müssen Regeln häufiger nachgelesen werden. Im zweiten Spiel sind die Aktionen geläufig, sodass der Spielfluss zustande kommt.
Durch die Vielfalt der Bezirke gibt es vieles zu entdecken und auszuprobieren. Das ist der Gründe, warum Marrakesh einen hohen Wiederspielreiz hat. Der vorhandene, aber nicht so mächtige Zufall kann einem auch in die Suppe spucken. Spieler, die gern präzise planen, stört dieser Teil am Spiel auch (siehe letzter Punkt in der Box). Trotzdem fanden sie das Spiel insgesamt sehr gut. Ich hingegen mag den Zufall, weil er von mir verlangte, mich auf die neue Situation einzustellen.
Marrakesh ist ein Optimierungsspiel, dass ich als gemütlich bezeichne. Ich plane meine Aktionen, ich führe sie durch. Es sind viele kleine Entscheidungen, weswegen es Fehler verzeiht. Es artet nicht, wie andere Optimierspiele, in Arbeit aus. Es hat dabei stets den Charakter eines großen Spiels. Genügend Zeit vorausgesetzt, ist es Marrakesh immer Wert, gespielt zu werden. (wd)
Kritik und Gegenkritik Ich habe etliche kleine Kritikpunkte an Marrakesh gehört. Ich schildere hier diejenigen, die ich mehr als einmal genannt bekommen habe und lege meine Position dar, weil ich inzwischen viele Partien gespielt habe. Das Spielmaterial ist so reichlich, da dauert mir der Aufbau zu lange. Der Spielplan ist unübersichtlich. Die Stadttore sind ziemlich fummelig. Das Übersichtsblatt enthält zu wenig Informationen. Bei den Oasen erfahre ich erst im Laufe des Spiels, wofür ich Punkte bekomme. Ja, das macht er und dies ist beabsichtigt. Ich habe darüber mit Stefan Feld, dem Autor geredet. Jeder Spieler außer dem Startspieler kann nicht sicher sein, seine Keshis zu bekommen. Mit dem Würfelturm wird diese Unsicherheit nun auch auf den Startspieler übertragen. Planungen sind deswegen immer noch möglich, gegebenenfalls müssen sie zweigleisig erfolgen. |
Steckbrief Marrakesh |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Stefan Feld | Queen Games | 2 - 4 Spieler | ab 14 Jahre | ca. 120 Minuten | keine Angabe |