Vor etwas weniger als acht Jahren wollten wir mit unserem Bekannten Torsten auf der Spiel "Expedition" spielen. Es scheiterte an seiner Farbsehschwäche, umgangssprachlich Farbenblindheit genannt. Dies war damals der Anlass, über die Probleme, die Menschen mit Farbsehschwäche beim Spielen haben, zu berichten. Der Artikel wurde in der Spielbox veröffentlicht und ist auch online in der Pöppelkiste verfügbar.
Nun wurde Expedition bei Ravensburger neu verlegt. Das damalige Hindernis, die roten und grünen Punkte auf den Ozeanen, wurde beseitigt, indem die grünen Punkte nun zu blauen wurden. Torsten, unser damaliger Mitspieler, musste für einen erneuten Test herhalten. Diese Mal konnten wir das Spiel mit ihm spielen. Diese kleine Änderung genügte, weil die Farbgebung der Kontinente und die Hilfe auf den Karten für die Orientierung ausreichend waren. Ich nehme diese veränderte Neuauflage von Expedition als Anlass, einmal die Jahre seit unserem Artikel Revue passieren zu lassen.
Bevor ich zu den Spielen komme, gebe ich einen kurzen Rückblick auf die Farbsehschwäche. Sie ist erblich bedingt und betrifft knapp 10% der Männer, aber nur 1% der Frauen. Die häufigste Farbsehschwäche ist die fehlende Unterscheidung von rot und grün, gefolgt von blau und gelb. Der komplette Ausfall der Farbunterscheidung ist recht selten.
Damit nun Spieler mit Farbsehschwäche Spiele ohne Benachteiligung spielen können, müssen die Teile des Spiels ohne Probleme für diese Spieler wahrgenommen werden können. Hierbei hilft einerseits eine gute Farbgebung, andererseits die Verwendung verschiedener Formen.
Seit unserem Artikel gab es viele gute Beispiele, bei denen die Merkmale so gestaltet waren, dass auch Spieler mit Farbsehschwäche das Spiel gleichwertig zu den anderen Mitspielern spielen konnten. Eines dieser Spiele, auf die ich im Artikel noch einmal ausführlich zurückkommen werde, ist Einfach Genial. Bei diesem Spiel sind auf den Spielsteinen Symbole aufgedruckt. Dabei wurden die gängigen Farben benutzt, also auch rot und grün sowie gelb und blau. Dies stellt aber kein Problem dar, weil jeder Farbe auch direkt ein Symbol zugeordnet ist; so gibt es Hohlkreis und gefüllten Kreis, Sechseck, Sterne mit sechs und zwölf Zacken sowie eine Sonne. Bei zwei anderen Spielen gibt es solche Symbole: TransAmerica und Zug und Zug (hier ab der Zweitauflage). Auch bzgl. der Farbgebung gibt es Beispiele, die positiv auffielen. Bei den Spielen Magier von Pangea und Manila wurden Farbkombinationen gewählt, die Spielern mit Farbsehschwäche keine Schwierigkeiten bereiten. Dies ist vor allem auf den Verzicht von Rot zurückzuführen. Die Kombination Gelb, Orange, Blau und Violett sieht nicht nur ästhetisch aus, sondern vermeidet durch ein dunkles Blau und ein helles Gelb die Probleme bei Verlust der Blau-Gelb-Unterscheidungsfähigkeit.
Leider gab und gibt es aber auch immer wieder Spiele, bei denen Spieler mit Farbsehschwäche Probleme haben. Dies kann sogar dahin führen, dass ein Spiel wegen der Farbsehschwäche unspielbar wird. Bei Tadsch Mahal wurden die Karten so gestaltet: Es gibt rote und grüne, sie sind in Pastelltönen gehalten und das Hintergrundmotiv ist gleich.
Wenn es bei Kleinigkeiten Probleme gibt, so sind diese durch wenige Handgriffe zu ändern. Spielfiguren können durch Bänder oder anderen Verzierungen unterscheidbar gemacht werden. Karten können beschriftet werden, was natürlich das Originaldesign verändert.
Immer mehr wird auch Online gespielt. Eine der größten Sites ist die Brettspielwelt. Da hier das Design der Spiele möglichst getreu von der Tischversion übernommen wird, treten hier die gleichen Probleme bzgl. der Unterscheidbarkeit auf. Deshalb ist auch hier Abhilfe notwendig. Wer über den Browser spielt, hat hier keine Möglichkeiten; wer aber über den Client spielt, hat die Grafiken auf seinem PC liegen. Diese kann man dann mit einem Grafiktool bearbeiten und so notwendige Markierungen hinzufügen. In einigen Fällen sind entsprechende Grafiken herunterladbar, so gibt es z. B. vorbereitete Grafiken für Alles im Eimer und VerlfliXXt!
Damit Änderungen in den Grafiken hilfreich sind, müssen sie die Farben, die für Spieler mit Farbsehschwäche nicht unterscheidbar sind, unterscheidbar machen. Am einfachsten geht dies mit Symbolen oder Schrift. Wer es, z. B. aus ästhetischen Gründen, bei Farbänderungen belassen möchte, sollte die beiden folgenden Regeln beachtet werden: Bei Rot und Grün ist ein Dunkelrot ("Karminrot") und ein Hellgrün ("Laubfroschgrün") empfehlenswert; bei Gelb und Blau sind dies ein Hellgelb ("Nepalgelb") und ein Dunkelblau ("Ultramarinblau").
In vielen Fällen wird jetzt mehr darauf geachtet, dass die Farbgebung auch für Spieler mit Farbsehschwäche geeignet ist. Auch werden immer mehr unterschiedliche Formen verwendet. Da nur ein geringer Teil der Bevölkerung von Farbsehschwäche betroffen ist, werden Spiele nicht speziell für diese Zielgruppe designed. Bei Kinderspielen werden immer klare Farben, vorzugsweise in den Farben Gelb, Rot, Grün und Blau verwendet werden, weil die meisten Kinder solche Farben gegenüber gedeckteren Farben bevorzugen. Auch bei Spielen, die viele unterschiedliche Farben benötigen, wird es problematisch. Vorbildhaft ist hier Union Pacific, bei dem die 10 Farben der Loks so gewählt sind, dass auch Spieler mit Farbsehschwäche keine Probleme haben. Bei anderen Spielen, wie zum Beispiel Diamant, ist eine solche Unterscheidbarkeit nicht unbedingt notwendig, da das Spielmaterial vor jedem Spieler verbleibt.
Ich hoffe, dass die Verlage weiterhin daraufhin achten, dass die Spiele auch für Spieler mit Farbsehschwäche gestaltet werden. Dies ist oft mit geringen Mitteln möglich und erhöht den Spielspaß für alle Betroffenen, und dazu gehören auch die Spieler, deren Mitspieler unter Farbsehschwäche leiden (wd).