Camelot - der Glanz der Saga von König Artus und seiner Tafelrunde strahlt uns an. Wir werden es sein, die Excalibur bekommen und benutzen werden, wir werden es sein, die sich auf die Suche nach dem heiligen Gral begeben, denn wir schlüpfen in die Rolle eines jener Ritter, die der Tafel beiwohnten.
So wird jeder Spieler zu König Artus, Sir Kay, Sir Galahad oder einem der anderen Ritter. Camelot muss gerettet werden, denn das Böse droht, Camelot zu vernichten und dies gleich auf drei Arten: es erhindert den erfolgreichen Abschluss von Questen, es belagert Camelot und es versucht, die Ritter der Tafelrunde zu töten. Das Böse schreckt dabei auch nicht davor zurück, einen Ritter zu korrumpieren und ihn so auf die Seite des Bösen zu ziehen. Doch beginnen wir erst einmal das Spiel. Die Ritter starten mit einer guten Gesundheit, mit viel Kampfkraft, mit der Hoffnung den heiligen Gral zu finden und dem Wunsch Excalibur zu retten. Zunächst begründen sie die Gemeinschaft, indem jeder Ritter einen Beitrag zur Allgemeinheit beiträgt, um anschließend von der Gemeinschaft mit einer Belohnung bedacht zu werden. Noch weiß niemand, ob sich ein Verräter in der Mitte der Gemeinschaft befindet, denn dieser wird sich - noch - geschickt im Hintergrund.
Nach diesem Auftakt agieren die Ritter auf eigene Faust. Dabei können sie sich selbstverständlich absprechen, wie sie dem Bösen entgegentreten wollen. Wann immer ein Ritter agiert, agiert das Böse vorab:
"Trostlosigkeit herrscht unter den Ritter. Die Landschaft ist kahl und kalt. Der ständige Schneefall zermürbt Pferd und Reiter. Der Gral ist nicht zu sehen, nicht einmal ein Schimmer, eine Hoffnung am Horizont. Verzweiflung macht sich breit, dass der Gral nicht gefunden wird oder nicht einmal existiert. Die Kälte indes entzieht dem Fluss den letzten Rest an Bewegung. Er gefriert und mit ihm gelangt Excalibur immer mehr in das ewigen Eis. Wenn doch schon Frühling wäre und die Wiesen grün. Doch während sich die Ritter der Kälte und der Verzweiflung entgegen stellen, greifen Pikten und Sachsen Camelot an. Sie werden von Söldnern unterstützt. Wenn sie nicht aufgehalten werden, bringen wie weitere Belagerungsmaschinen nach Camelot. Könnte Lancelot nicht helfen. Nein, auch er wendet sich gegen die ehemaligen Gefährten und bekämpft sie, genau wie der schwarze Ritter. Hoffentlich greift Morgana nicht schon in den Kampf ein …"
Wenn das Böse agiert, gibt es nichts Gutes. Der Fortschritt wird über eine zufällig gezogene Karte bestimmt. Einmal genommen, gibt es kein zurück. Nur Sir Parzival mit seinen hellseherischen Fähigkeiten kennt die kurzfristigen Pläne des Bösen. Möchte ein Ritter diese Form des Bösen vermeiden, kann er sich dem Bösen entgegen stellen. Entweder verliert er hierdurch einen Lebenspunkt oder er akzeptiert, dass das Böse eine Belagerungsmaschine aufstellt.
Nun aber darf der Ritter agieren:
"Mit Sonne im Herzen reite ich gen Norden. Das letzte Gerücht besagte, dass sich der heilige Gral hier befindet. Ich bin ganz sicher, dass ich ihn finde. Sir Palomides wird mir helfen. Zusammen werden wir es schaffen; die Verzweiflung wird uns nicht heimsuchen. Wir wissen ja, dass sich König Artus um Excalibur kümmert und der Rest der Mannschaft sich gegen die Pikten stemmt. Die Sachsen sind ohnehin zu schwach und das bisschen Unheil, das der schwarze Ritter anrichten kann, erdulden wir. Er ist unserer Kampfkraft nicht wert. Mit schnellem Galopp komme ich dem Gral näher, ich, Sir Tristan, werde den Gral finden und nach Camelot bringen. Seine Heilkraft wird uns helfen, die bevorstehenden, schweren Questen zu bestehen."
Wenn ein Ritter agiert, so kann er sich auf eine Queste begeben oder dort aktiv werden, um die Queste zu bestehen. Weilt er noch in Camelot, so kann er sich weiter stärken oder aber gegen die Belagerungsmaschinen kämpfen. Nur zur Not wird ein Ritter sich heilen, denn die Zeit dafür wird ihm kaum gegeben. Zuletzt kann er auch noch der Gemeinschaft helfen, indem er für alle Ritter eine große Heldentat vollbringt.
"Ich bin der Verräter. Niemand ahnt, dass ich ein falsches Spiel begehe. Ich kämpfe erst einmal gegen Lancelot um mir seine Rüstung zu holen. Wenn ich sie erst besitze, kann ich dem Bösen helfen, weil ich von zwei Plänen einen auswählen darf. Schlimm wäre es, wenn dieses mächtige Artefakt in die Hände eines getreuen Ritters fallen würde. Da wäre es mir schon lieber, die Rüstung geht für immer verloren. Doch was ist das? Sir Palomides bezichtigt mich des Verrats. Ich bin enttarnt. Ich kann nicht mehr nach Camelot zurück, das ob meiner Entdeckung noch heller erstrahlt. Ich werde mich von nun an in den Schatten aufhalten, die Ritter behindern, so gut ich kann. Vielleicht schließe ich mich auch der Belagerung an. Die zwölf Maschinen müssen doch nach Camelot zu bringen sein."
Wenn ein Ritter verdacht gegen einen anderen Ritter hegt, kann er ihn anklagen. Der angeklagte Ritter muss seine Gesinnung offen legen. Wurde ein getreuer Ritter angeklagt, so verdunkelt sich Camelot. Weiße und schwarze Schwerter zeigen den Zustand Camelots an und eine falsche Anklage wendet ein weißes Schwert auf die schwarze Seite. Die Anklage des Verräters entlarvt ihn nicht nur, sondern bringt auch ein weiteres weißes Schwert nach Camelot.
Inzwischen reiten Sir Tristan und Sir Palomides weiter:
"Der Gral, ich sehe den Gral. Die Pferde fallen vom Galopp zurück in den Trab. Ja, dort hinten ist ein Gold schimmernder Glanz zu sehen. Nur noch eine knappe Meile. Der Gral, Sir Palomides, wir haben den Gral. Er ist gefunden."
Wann immer Ritter eine Queste abschließen, erhalten sie eine Belohnung. Grundsätzlich gibt es einen Lebenspunkt, für Sir Palomides sogar zwei. Je nach Schwere und Bedeutung der Queste kommen ein bis drei weiße Schwerter nach Camelot. Außerdem werden die Ritter gestärkt, in dem sie neue Karten erhalten und unter sich nach belieben aufteilen. Eine Queste kann aber auch verloren gehen. Vier Pikten oder Sachsen, ein zu starken schwarzer Ritter, Lancelot oder Drache sowie Excalibur im ewigen Eis bedeuten ein Niederlage. Ritter, die gerade an der Queste teilnehmen, verlieren einen Lebenspunkt, gespielte Karten werden wertlos uns schwarze Schwerter gelangen nach Camelot. Pikten und Sachsen bringen sogar noch zwei Belagerungsmaschinen mit.
"Der schwarze Ritter treibt wieder sein Unwesen. Er zieht über die Lande, plündert und raubt und brandschatzt. Niemand stellt sich ihm in den Weg; die Ritter sind anderweitig beschäftigt und der verräterische Sir Kay, der sich eigentlich um den schwarzen Ritter kümmern sollte, ist aus Camelot verbannt. Dennoch, der Gral ist gefunden, Excalibur geborgen und die Pikten sind mehrfach geschlagen worden. Da ist sein Tun nicht mehr von großer Wirkung."
Kommt das zwölfte Schwert nach Camelot, endet das Spiel. Dabei ist es egal, ob es wie in dem Beispiel ein schwarzes oder ein weißes Schwert ist. Gibt es einen Verräter und er wurde nicht enttarnt, werden nun noch zwei weiße Schwerter auf die schwarze Seite gedreht. Sind danach mehr weiße als schwarze Schwerter in Camelot, so haben die getreuen Ritter gewonnen. Anderenfalls gewinnt der Verräter bzw. niemand, wenn es keinen Verräter gibt. Das Spiel endet vorzeitig mit der Niederlage der getreuen Ritter, wenn sämtliche von ihnen verstorben sind oder wenn die zwölfte Belagerungsmaschine nach Camelot gelangt. Was aber ist nun mit den anderen Akteuren der König Artus Sage? Wo ist Morgana, Vivien und Merlin? Es gibt sie selbstverständlich in Schatten über Camelot. Merlin hilft den Spielern, in dem er mächtige Schwarze Karten abwehrt und Belagerungsmaschinen vernichtet. Allerdings muss ihn dafür ein Ritter bitten, was ihn wiederum daran hindert, seine Queste fortzusetzen. Morgana agiert für das Böse und tauscht mehrfach auf. Sie ist die hartnäckige Gegnerin der getreuen Ritter. Auch die meisten anderen Frauen agieren auf der Seite des Bösen, während das Gute fast ausschließlich den Männern vorbehalten ist.
Mit Schatten über Camelot liegt ein beinahe kooperatives Spiel vor. Manche Runde ist ausschließlich kooperativ, weil es keinen Verräter gibt: Andere Runden haben einen Gegner, der lange Zeit, wenn nicht sogar das ganze Spiel über, verborgen bleibt. Der Reiz des Spiels ist davon ungenommen, denn die Spannung gegenüber dem Spielsystem und das Misstrauen gegenüber den Mitspielern sind ein prägender Faktor des Spiels. Obwohl sich die Spieler absprechen dürfen - was erlaubt und was nicht erlaubt ist, wird genau in den Regeln definiert - hat jeder Spieler genügend Entscheidungsfreiheit in seinem Zug. Da die Mitspieler die Handkarten nicht kennen, ist auch nicht direkt zu überprüfen, ob der Spieler eine gute oder vermeintlich schlechte Entscheidung getroffen hat. So bildet das Spiel den Rahmen für gemeinschaftliches Agieren, gemeinschaftliches Tun, selbst eine zeitlang für den Verräter.
Dabei zieht das Spiel nicht nur durch seine Mechanismen in den Bann, sondern auch durch Thema und Ausstattung. König Artus war schon häufiger Thema eines Spiels. Hier nun wird die Tafelrunde simuliert wie sie ist: Alle sitzen an ihr und verfolgen das gleiche Ziel. Die Questen selbst sind unterschiedlich und bedürfen jeweils eines eigenen Regelwerks. Das erste Spiel wird dadurch verlangsamt, aber nicht langatmig. Danach wird es einfacher, denn schwierig sind die Entscheidungen, nicht die Regeln. Die unterschiedliche Gewichtung der Questen durch die Schwerteranzahl zeigt die Bedeutung der Questen für die Tafelrunde: Ohne heiligen Gral wird es schwer und auch Excalibur bildet eine wichtige Grundlage für den Erfolg. Die kämpferischen Questen vermeiden eher Unheil, sind aber auch nur bedingt vernachlässigbar. Die Gestaltung des Spiels unterstreicht die Thematik und den Ablauf. Die Karten des Bösen sind in Grau und schwarz gehalten, die Karten der Ritter in hellen, leuchtenden Farben. Dasselbe gilt für die Gralsqueste und die Excaliburqueste, die beide entgegen gesetzte Polaritäten haben: Den leuchtenden Farben der Ritter-Seite stehen gräuliche Farben des Bösen gegenüber. Schon allein diese Aufmachung besticht, doch wird dies noch von den Spielfiguren getoppt: Es liegen sieben Ritterfiguren mit farbigen Sockel bei, sowie Figuren für die Pikten, Sachsen, Belagerungsmaschinen sowie für die Artefakte. So wird man richtig in die fantastische Welt des König Artus versetzt.
Bei einem kooperativen Spiel liegt der Vergleich mit Der Herr der Ringe nahe. Ich mag beide Spiele und auch in unserem Spielekreis sind beide Spiele gut angenommen worden. Ohne Verräter ist es vergleichbar mit der Basisversion. Alle Spieler spielen gemeinsam gegen das Spielsystem. Der Herr der Ringe unterscheidet sich in zwei Dingen von Schatten über Camelot: Jedes Abenteuer dort hat seinen eigenen Höhepunkt, kleine Endspiele in der Mitte jedes Spiels. Camelot hingegen ist langfristig angelegt, eben auf den Gesamtsieg. Der Unterschied wird dann auch bei der Entscheidungsfreiheit sichtbar. Die Möglichkeiten sind bei Schatten über Camelot vielfältiger, bieten daher mehr Freiraum, auch für Spielfehler. Fährt man den Vergleich fort, so ähnelt der Verräter dem Sauron aus dem gleichnamigen Ausbauset. Sauron ist von Anfang an mächtig. Als Ausgleich dafür muss er offen agieren. Der Verräter in Schatten über Camelot ist ein Rad im Getriebe des Bösen und mehr ein Ärgernis für die getreuen Ritter, doch seine Tarnung steht für Misstrauen und Geheimnis. Wir sind in unseren Gruppen von Herr der Ringe trainiert und so hat das Böse keine große Chance bei uns. Camelot wird regelmäßig gerettet (wobei wir meistens mit mindestens vier Spielern, eher mehr, spielen). Dem Spielspaß tut dies keinen Abbruch, weil Camelot eben jedes Mal erneut gerettet werden muss.
Wer schon den Herrn der Ringe mochte, der findet hier eine Alternative, die er nicht verpassen sollte. Allen, die bisher vor kooperativen Spielen zurückschreckten, bietet sich hier der Einstieg in diese andere Spielewelt. Durch den Verräter ist es eben nicht ausschließlich kooperativ. Spiele wie Scotland Yard und Die Werwölfe von Düsterwald bieten mit ihrem du gegen uns bzw. ihr gegen uns genau diese Spannung. Nun ist der Gegner dazu noch getarnt und das Umfeld im wahrsten Sinn des Wortes fantastisch. Spielerherz, was willst du mehr? (wd)
Steckbrief Schatten über Camelot |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Serge Laget, Bruno Cathala | Days of Wonder | 3 - 7 Spieler | ab 10 Jahre | 60 - 80 Minuten | Julien Delval |