Die Seefahrer, die um 1500 lange Seereisen unternahmen, standen schon häufiger Pate für Spiele. Im Jubiläumsjahr 1992 gab es Spiele zu Christoph Kolumbus. 2002 schaffte es Magellan, auf die Empfehlungsliste der Jury Spiel des Jahres und 2010 wurde Vasco da Gama Zweiter beim Deutschen Spielepreis. Nun gibt es mit Amerigo ein Spiel zu dem Entdecker und Seefahrer, nach dem ein ganzer Kontinent benannt wurde.
Der neue Kontinent ist nicht gänzlich unbekannt. Vermutlich hat Kolumbus schon ein wenig Entdeckungsarbeit geleistet, denn die Inseln sind kartographiert und sogar die Ankerplätze sind erkundet. Für uns geht es darum, zu den Inseln zu segeln, diese zu besiedeln, Ackerbau zu betreiben und für technologischen Fortschritt zu sorgen.
Die Besiedelung erfolgt in fünf Runden, die in sieben einzelne Phasen unterteilt sind. Gleichzeitig gibt es sieben Aktivitäten, die wir ausführen können und die durch eine bestimmte Farbe dargestellt werden. Der Motor des Spiels ist der aus Wallenstein bekannte Würfelturm. Zu Beginn jeder Phase werden die Würfel einer Farbe in den Würfelturm geworfen. Die Farben der Würfel, die dann aus dem Würfelturm herausfallen, bestimmen die möglichen Aktivitäten. Die größte Anzahl an Würfel einer Farbe bestimmt dazu wie viel ich bei der gewählten Aktion machen kann. Welche Aktion ausgeführt wird, entscheidet jeder Spieler für sich.
Während einer Runde gibt es Punkte für neu entdeckte und vollständig besiedelte Inseln. Bisher habe ich nicht erwähnt, dass nach jeder Runde Piraten angreifen. Sie können mit Kanonen abgewehrt werden, andernfalls nahmen sie sich Siegpunkte vom Spieler. Am Ende des Spiels gibt es dann noch Punkte für Fortschritte auf der Technologie- und der Startspielerleiste sowie für Waren.
Wir haben hier ein Spiel vorliegen mit einem klassischen Entdecker-Szenario. Durch die bereits zu Beginn bekannte Inselwelt gibt es hier keine Überraschungen in der Topologie der Inseln. Dies war zum Beispiel der große Reiz im1996 erschienenen Entdecker. Hier wird der Zufallsfaktor auf den Würfelturm verlegt.
Der Würfelturm ist das zentrale Element des Spiels, weil sein "Würfelergebnis" die Aktivitäten. bestimmt. Auch dies ist zum Teil berechenbar. So werden die einzelnen Farben zyklisch und nach fester Vorgabe in den Turm geworfen. Es mag vorkommen, dass die eingeworfene Farbe nicht aus dem Turm herausfällt. In meinen Spielen ist das bisher nie passiert, und so kann man zumindest davon ausgehen, dass sie einmal pro Runde kommt. Auch ist bekannt, dass es sieben Würfle jeder Farbe gibt. Sind sie alle auf dem Rondell, so kann diese Farbe nicht herausfallen und die Aktivität ist nicht durchführbar. Insgesamt haben wir hier in dem Würfelturm ein teilweise berechenbares Zufallselement. Dieses steuert und führt uns durch das Spiel und verhindert, dass wir vor lauter Möglichkeiten unseren Kopf zum Rauchen bringen. Damit wird auch sichergestellt, dass die Spielzüge nicht lange dauern und das Spiel selbst bei vier Spielern temporeich abläuft.
Das Spielgefühl ist sehr positiv, weil jeder Spieler Fortschritte macht. Mit den Piraten gibt es auch nur ein kleines destruktives Element, das wiederum jeden Spieler gleichmäßig trifft. Wer Spiele von Stefan Feld kennt, wird seine Handschrift hier deutlich wiedererkennen. Wie so oft in seinen Spielen gibt es auf zahlreichen Wegen die begehrten Siegpunkte. Deren Zahl liegt am Ende wieder in dreistelligen Bereich.
Auch während des Spiels gibt es Parallelen zu anderen Spielen: So gibt es auch hier verschiedene Aktivitäten, die sehr gut ineinandergreifen. Es liegt am Spieler, nun die Aktivitäten so zu wählen, dass er damit genügend Siegpunkte für einen Erfolg macht. Zuletzt darf auch die "Feld-Leiste" nicht fehlen. Diese Leiste gibt an wer in jeder Phase seinen Spielzug zuerst ausführt. Eine solche Leiste ist fast schon obligatorisch in Spielen dieses Autors, doch bekommt sie hier eine neue Variante: Wer hier auf den Fortschritt verzichtet, kann dafür eine über die Leiste bestimmte andere Aktion ausführen. So kann man manchmal eine Aktivität ausführen, deren Würfel nicht mehr im Würfelturm vorhanden sind.
Bleiben noch das Thema und der Wiederspielreiz zu beleuchten. Das ist oft die Schwachstelle bei Spielen von Stefan Feld, denn sie leben meist von der Spielmechanik. Diese steht auch hier im Vordergrund, doch ist der Entdeckungscharakter des Spiels klar zu spüren. So besteht eine ausreichende Balance zwischen Thema und Mechanik.
Für den Wiederspielreiz bietet das Spiel schon zu Beginn einen variablen Spielplan. Mit der Auswahl an Technologie-Plättchen, die eine individuelle Entwicklung für jeden Spieler ermöglichen, kommt dann ein zweites Element hinzu, das dafür sorgt, dass sich keine zwei Partien gleichen. Außerdem gibt es eine gute Lernkurve in den Spielen: In den ersten Spielen wird viel gesegelt und der Spielplan erscheint fast zu klein. Auch verbreiten die Piraten noch viel Angst. Der Wert der Waren wird hingegen noch nicht erkannt. Dies alles ändert sich mit weiteren Partien, in denen das Segeln zur Notwendigkeit verkommt, die Piraten auch mal Erfolg haben dürfen und Waren von der ersten Runde an begehrt sind.
Für mich ist ganz klar, dass Fans der Spiele von Stefan Feld Amerigo lieben werden. Andere Spieler bekommen ein sehr gutes Entdecker-Spiel, das zwei Besonderheiten aufweist: Es ist ein opulentes Ausstattungsspiel und bietet mit dem Würfelturm einen echten Hingucker. Damit ist es auch als ein repräsentatives Geschenk gut geeignet. (wd)
Frage zum Kontinent Warum wurde der neue Kontinent Amerika genannt, also nach Amerigo Vespucci und nicht etwa nach Christoph Kolumbus, der viel eher zu dem neuen Kontinent segelte? Zur Antwort. |
...und weg war der Würfel Nach der Fotosession war ein grüner Würfel verschwunden. Hier ist seine Geschichte. |
Steckbrief Amerigo |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Stefan Feld | Queen Games | 2 - 4 Spieler | ab 10 Jahre | ca. 90 Minuten | Harald Lieske, Claus Stephan |