Die ersten Erfahrungen mit kooperativem Spiel machte ich mit D&D. Dort führte jeder einen Charakter, sei es Kämpfer, Elf, Magier, Kleriker oder Zwerg. Nun haben sich solche Wesen in die heutige Zeit verirrt, und statt ein Dungeon auszurauben, müssen sie sich jetzt in einem Kaufhaus jeweils in einer Fachabteilung neu ausrüsten und so schnell wie möglich ohne Bezahlung verschwinden.
Wie durch Zauber erscheinen die vier Abenteurer in der Mitte eines Kaufhausraumes. Mehr ist vom Kaufhaus nicht bekannt. Der Startraum besitzt vier Durchgänge. Bei jedem ist vorgeschrieben, welcher Charakter ihn aktivieren kann, indem er das davorliegende Feld betritt. Dann wird ein weiteres Plättchen angelegt. Nun kann jeder diesen Durchgang nutzen. So wird das Kaufhaus erkundet, bis die Fachabteilungen (markierte Felder) und der Ausgang gefunden wurden. Haben die Charaktere ihre Abteilungen im Kaufhaus erreicht, müssen sie, bevor die Zeit abgelaufen ist, schnell das Gebäude verlassen.
Zeit abgelaufen? Ja! Hier geht es in einem Realzeitspiel gegen die Sanduhr. Zu Spielbeginn wird sie gestartet. Im Kaufhaus gibt es bis zu vier Sanduhrfelder. Betritt ein Charakter ein solches Feld, wird die laufende Sanduhr umgedreht. Die Spieler gewinnen mehr Zeit und das Feld wird deaktiviert.
Doch halt, so einfach ist das Bewegen nicht. Die Charaktere werden nicht von einem Spieler gezogen, sondern alle Spieler zusammen bewegen abwechselnd alle Charaktere. Hierzu erhält jeder Spieler ein Plättchen, dass zeigt welche Aktionen er durchführen darf. Die beiden Plättchen für das Spiel zu zweit rechts im Bild zeigen alle Möglichkeiten.
Es sind Bewegungen in alle vier Himmelsrichtungen und das Benutzen einer Rolltreppe als normale Bewegungen möglich. Der Strudel steht für einen Teleport, mit dem ich einen Charakter auf ein gleichfarbiges Teleportationsfeld irgendwo im Kaufhaus setzen darf. Die Lupe steht für das Anlegen eines weiteren Plättchens, wenn ein einen Durchgang aktiviert wird.
Haben alle Charaktere ihre Fachabteilung erreicht und begehen den Diebstahl, wird die Kaufhaus-Security auf sie aufmerksam, Nun ist Teleportation ist nicht mehr möglich. Nun müssen alle Charaktere innerhalb der Zeit durch den Ausgang entkommen, und die Spieler haben gewonnen.
Dies ist nur das allererste Einführungsszenario, das aus neun Kaufhausplättchen besteht. Schon dies misslang uns im ersten Spiel, weil wir die Sanduhr vergaßen.
Beim nächsten Szenario kommen drei weitere Plättchen hinzu. Jedes zeigt einen Ausgang in Charakterfarbe. Nun muss jeder Charakter das Kaufhaus-Labyrinth durch den Ausgang seiner Farbe verlassen. nicht nur das. Jedes Mal, wenn die Sanduhr gedreht wird, gibt man sein Bewegungsplättchen an den Nachbarn weiter und ist damit für eine andere Aktion verantwortlich.
Die nächste Regelstufe bringt zwei weitere Kaufhausteile und die ersten Fähigkeiten der einzelnen Charaktere ins Spiel. So gibt es einen Durchgang, den nur der Zwerg benutzen kann.
Ab sofort darf fast nicht mehr miteinander kommuniziert werden. Das heißt, dass nicht nur Sprechen, sondern auch Zeichensprache und Mimik verboten sind. Nur das Agieren mit einer „Tu was“-Figur ist erlaubt. Sie steht für alle grrffbereit in der Mitte. Denkt man, dass ein anderer Mitspieler sofort etwas tun sollte, setzt man sie ihm deutlich vor die Nase. Es gibt nur zwei Ausnahmen. Wurde die Sanduhr umgedreht, darf man bis zur ersten Aktion miteinander reden. Die zweite Ausnahme betrifft die Sonderaktion des Elfen. Öffnet er einen neuen Durchgang, dürfen die Spieler sich auch bis zur nächsten Aktion absprechen.
Ab diesem Zeitpunkt wird das Spiel richtig schwierig. Erst jetzt fällt auf, wie viel sonst miteinander gesprochen wird. Nun muss jeder für sich selbst denken. Oft stimmen die Ideen, wie es weitergehen soll, nicht miteinander überein.
Deshalb bewegt sich außer den Charakteren auch die „Tu was!“-Figur und das Gewusel von Händen über der Spielfläche wird größer. Der eine Spieler soll den Magier endlich die Rolltreppe hochfahren. Dieser Spieler wartet jedoch darauf, dass der Zwerg nach Norden kommt, damit er ihn nach Osten auf die Sanduhr schieben kann, bevor sie komplett abgelaufen ist.
Die Kommunikation, oder eher die Nicht-Kommunikation macht den größten Reiz des Spieles aus. Hier muss die Gruppe lernen, aus eigener Kraft zusammenzuarbeiten, ohne dass ein Spieler den Ansager macht, wie es bei anderen kooperativen Spielen oft der Fall ist. Oft genug gelangt „Tu was!“ direkt wieder zu dem Spieler, der sie versetzt hat, weil auch auf ihn eine dringende Aufgabe wartet.
Das nächste Szenario bringt wieder ein weiteres Plättchen und die Sonderfähigkeit des Magiers. Steht dieser auf einem Kristallkugelfeld, dürfen ein bis zwei neue Plättchen an das Kaufhaus angelegt werden, ohne dass ein Charakter den Durchgang aktiviert.
Die letzte Basisregel bringt die Funktion des Barbaren. Sind auf Kaufhausfeldern mehr als zwei Überwachungskameras zu sehen, darf die Sanduhr nicht umgedreht werden. Betritt der Barbar ein Kamerafeld, wird die Kamera zerschlagen und wirkt nicht mehr. Mit diesen Szenarien sind nun alle Basisregeln bekannt.
Die ersten Szenarien haben für mich ein ähnliches Spielgefühl, wie andere mir bekannte kooperative Spiele. Dies ändert sich hier: Sobald das freie Reden verboten ist, haben wir ein sehr forderndes Spiel. Das Wichtige ist für mich, dass ich hier nicht auf mich, sondern vor allem auf das schauen muss, was die anderen tun, ob die anderen meine Handlungen brauchen, um weiterzukommen. Hier gibt es kein „Ok, mach ich!“, wenn Vorschläge zur Aktion kommen. Hier muss jeder selbst Ideen haben, was sinnvoll für die Gruppe ist. Hier wird Spielern richtig klar, was es heißt, an einem Strang zu ziehen.
Wir haben schon viele Runden Magic Maze gespielt, spielen aber immer noch die Basis-Szenarien, da diese bei wechselnden Gruppenzusammensetzungen auch bei erfahrenen Spielern immer noch eine Herausforderung sind. Neben den Basis-Szenarien liefert das Spiel acht weitere Spielideen, bei denen einige Basisregeln verschärft oder modifiziert werden.
Als ich zum ersten Mal von dem kooperativen Spiel, bei dem man nicht miteinander reden darf, hörte, fragte ich mich: “Wie soll denn das gehen?“. Wir waren große Fans des
kooperativen "Herr der Ringe"-Spiels und haben viele Stunden mit Pandemie und Der Heilung zugebracht.Dort wurde immer sehr viel abgesprochen.
Als kooperatives Realzeitspiel habe ich bisher vor allem Escape gespielt, bei dem der Adrenalinspiegel so stieg, dass ich manche Runde verschwitzt beendete. Dort spiele ich auch gegen die Zeit, aber jeder spielt seine eigene Figur, und einen Blick auf die anderen hat man nur, wenn es unerfahrene Spieler sind. Erfahrene melden sich schon, wenn sie Hilfe brauchen hatten. Hier nun muss jeder auf alles achten, und ein Träumer kann über Sieg und Niederlage entscheiden.
Unter diesen Voraussetzungen können Gruppen zusammengeschweißt werden, die sich immer größeren Herausforderungen stellen. Verzeiht die Gruppe Fehler und kann der Betreffende darüber lachen und es beim nächsten Mal besser machen, so finden wir hier ein Spiel mit vielfach justierbarem Schwierigkeitsgrad. Die Gruppe kann entscheiden, mit wie vielen Plättchen gespielt werden soll, und ob und welche Modifikationen des Grundregelwerkes zum Einsatz kommen. Zum Beispiel kann das Spiel kann durch Hinzunahme weiterer Kaufhausplättchen bis auf 24 (statt 19) Kaufhausteile erweitert werden.
Ich mag kooperative Spiele sehr gern. Magic Maze toppt für mich das Spielgefühl, weil ich fast immer in das Spielgeschehen eingebunden bin. Wie schon oben gesagt, habe ich noch keine Szenarien für Fortgeschrittene gespielt, doch ich hoffe, dass ich mit einer eingespielten Gruppe auch noch in diesen Genuss komme. Bisher sind die wechselnden Auslagen des Basisspiels herausfordernd genug. (bd)
Steckbrief Magic Maze |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Kasper Lapp | Pegasus | 1 - 8 Spieler | ab 8 Jahre | 3 - 15 Minuten | Gyom |